Ich traf die Buchautorin Esther Samson in der U-Bahn und wir tauschten uns über unsere aktuellen Projekte aus. Ich berichtete, dass wir für das Afrika Ruhr Festival 2018 einen Workshop vorbereiteten. Dort sollten die Teilnehmer über das Brettspiel CASHFLOW auf spielerische Weise in die Themen Finanzen und Investitionen eingeführt werden und so für die Ökonomie sensibilisiert werden. Esther fand diese Idee so ansprechend, dass sie mich bat, auf der von ihr veranstalteten Vortragsreihe (Silent University in Mülheim an der Ruhr), darüber zu referieren. Sie stellte mir die Nebenbedingungen, dass ich in 20 Minuten jungen Migranten verschiedene Aspekte und Gründe aufzeigen sollte, warum eine mögliche Selbstständigkeit eine Alternative für sie darstellen könnte, um in der Gesellschaft Fuß zu fassen. Ich muss zugeben, dass es schon sehr herausfordernd war. Esther Samson und Augustina Nyarko sprachen in ihren Vorträgen über den Aufbau eine Kleingewerbes und Kreativität als Business Strategie. Als Schlussredner gab ich den Zuhörern praktische Tipps, die kostenlos und direkt umsetzbar sind. Außerdem führte ich praktische Beispiele an. Schon vorher, aber insbesondere beim Erstellen meiner Folien kamen mir viele Gedanken, die es galt entsprechend einzuordnen. So bietet eine Selbstständigkeit für Migranten, abseits von der Anerkennung im Ausland erworbener Qualifikationen, die Möglichkeit, eine Chance zu ergreifen und sich in der Gesellschaft zu integrieren. Eine Selbstständigkeit ist mit viel Verantwortung, Mut und Know-how verbunden. Gewisse Eigenschaften sollten gegeben sein, bevor man sich in eine Selbstständigkeit wagt, und das gilt nicht nur für junge Migranten! Als erstes sollte sichergestellt werden, dass man mit sich und seinem Privatleben im Reinen ist, denn eine Selbstständigkeit kann gerade in den Gründungsjahren ein 24-Stunden-Job sein. Nebenkriegsschauplätze wie Ehekrisen, private Schulden oder Konflikte mit dem Gesetz sind einem Projekt wie einer Selbstständigkeit in keinster Weise zuträglich. Ein weiterer Punkt ist, dass man ständige Bereitschaft aufzeigen muss sich weiterzubilden (es geht hier nicht um eine formelle oder akademische Aus-bzw. Weiterbildung). Das fängt beim täglichen Zeitungslesen an und hört bei internationalen Messebesuchen auf. Als drittes geht es auch darum die Denkweise eines Unternehmers zu adaptieren und entsprechend zu handeln. Hierzu führte ich das Beispiel des komparativen Kostenvorteils an. Bei diesem geht es darum, dass handelnde Marktakteure sich ausschließlich auf die Herstellung der Produkte oder Dienstleistungen konzentrieren, die sie am besten produzieren können und letztendlich mit anderen Marktteilnehmern tauschen. Dadurch gewinnen alle und es entsteht Wohlstand. Der Handel wird gesteigert, die Produkte werden günstiger, die Versorgung wird dadurch besser etc. Die Verantwortung, die mit einer Unternehmensgründung verbunden sind, sollten insbesondere für Migranten, die aus diversen Gründen über den Arbeitsmarkt nicht vermittelt werden können, als Alternative oder gar als Vorteil gesehen werden. Die Hürden für eine Unternehmensgründung können geringer sein, als die für den Arbeitsmarkt. Der Unternehmer schafft möglicherweise Arbeitsplätze und zahlt Einkommens- und Gewerbesteuern. Er bildet aus und versorgt die Menschen mit seinen Produkten und Dienstleistungen. So benötigt man ein abgeschlossenes Medizinstudium, um Arzt zu werden, während für den Bau einer Klinik kein Studium erforderlich ist. Auch bei diesem Beispiel zeigt sich der Multiplikator. Während der einzelne Arzt hypothetisch 24 Stunden am Tag arbeiten könnte, hat der Klinikgründer die Möglichkeit 100 Ärzte, die 24 Stunden arbeiten anzustellen. Darüber hinaus Pflegepersonal, Reinigungskräfte und alle Menschen, die in der Arbeit im Krankenhausbetrieb involviert sind. Kranke Menschen werden besser versorgt, es entstehen neue Arbeitsplätze, die Angestellten zahlen Steuern und Sozialbeiträge und sollte die Klinik Gewinn abwerfen, so werden auch wieder Steuern fällig, die dem Staat zugutekommen. Kurzum: ein Unternehmer leistet einen Dienst an der Gesellschaft, er stiftet ihr einen Nutzen und von daher werden Unternehmer auch in manchen Fällen bessergestellt als Angestellte. Unternehmer sind keinesfalls bessere oder schlechtere Menschen als Angestellte. Es geht vielmehr darum, jungen Migranten, die gerne arbeiten, es aber nicht dürfen oder können, eine alternative Perspektive zum klassischen Arbeitsmarkt aufzuzeigen.
Junge Migranten haben sicherlich auch Ideen aus ihrer alten Heimat mitgebracht, die -wenn man sie umsetzt- für unsere Gesellschaft einen Mehrwert darstellen können. Wenn Sie sich als Erfolg herauskristallisieren, dann hätten wieder alle gewonnen und somit hätten wir alle etwas gemeinsam, und zwar den Gewinn.
Im Anschluss der Vorträge folgte eine Podiumsrunde mit den drei ReferenInnen und einem Vertreter der Mülheimer Wirtschaftsförderung. Last but not least das auch noch vervollständigte Herr Oman, ein im Irak geborener und aufgewachsener Amerikaner, der in Mülheim an der Ruhr mittlerweile zwei Lebensmittelläden betreibt. Sie alle stellten sich den Fragen der rund 50 Gästen.
Grundsätzlich ist die Sensibilisierung für das Thema Finanzen und alles was damit verbunden ist ein Thema was weitere Kreise ziehen sollte. Was in Schulen oder im Wirtschaftsstudium vermittelt wird ist in den meisten Fällen für die Praxis (sowohl privat als auch beruflich) unzulänglich.
Bill Gates, Steve Jobs und Mark Zuckerberg haben die Universität abgebrochen. Sie sind jedoch erfolgreicher als alle hochrangigen Wirtschaftsprofessoren dieser Welt. Um solche Imperien zu gründen bedarf es in jedem Fall exzellente Kompetenzen und Qualifikationen, diese müssen in keinem Fall formeller Natur sein. Eine gute Nachricht für alle, die dieser Gesellschaft dienen möchten.
Murdoch MacCunningham