Kulturelle Aneignung

Just because you are offended doesn´t mean you are right  

Ricky Gervays

Die folgende Darstellung (die auf Erlebnissen der Autorin basiert) soll  veranschaulichen, welche Diskussionsspektren bei einem Seminar zum Thema : „Was hat Rassismus mit Postkolonialismus zu tun?“ entstehen können.

Kulturelle Enteignung ist eine gesellschaftliche Reproduktion, die zum einen für manche Leute eine unangebrachte Übernahme von und Bereicherung mit bestimmten Elementen darstellt, die in einer bestimmten anderen Kultur verankert sind. Manche Menschen sehen kulturelle Aneignung aber als kultureller Austausch. Ohne kulturellen Austausch findet nämlich auch keine Integration statt. Integration ist an sich eine kulturelle Aneignung, es wird von vielen Menschen als wertschätzend gesehen, diejenige Kultur anzunehmen, in deren Bereich man lebt. Das signalisiert Offenheit, Toleranz und ernsthaften Integrationswillen.

Betrachtet man heutzutage in Deutschland die vorhandenen Kulturen, kann ihr Miteinander als fließend betrachtet werden. Es gehören mittlerweile viele kulturelle Identitäten zu Deutschland, dies ist ein natürlicher Prozess der Globalisierung. Denn nur so kann sich eine Gesellschaft weiterentwickeln. Die Autorin benutzt ebenfalls Anglizismen, aber wirklich nur dann, wenn ihr kein passendes deutsches Wort für das, was sie sagen will, bekannt ist. Englischsprachige oder deutschsprachige Bürger mögen von dieser fluktuierenden Sprachauswahl irritiert sein. Handelt es sich hierbei vielleicht auch bereits um kulturelle Aneignung? Darüber lässt sich streiten (siehe das in Deutschland übliche „Denglisch“, ein oft kurioser und sehr oft für englisch oder deutsch sprechende Personen gleichermaßen völlig sinnfreier Mischmasch aus Englisch und Deutsch).

Je mehr kulturelle Aneignung es also in vielen Bereichen gibt, desto mehr Zusammengehörigkeits- und Gemeinschaftsgefühl sowie Akzeptanz entstehen. Man sollte sich gegenseitig wertschätzen und schätzen (lernen). Dazu gehört eben auch die ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Begriff der Kultur bzw. der kulturellen Aneignung. Nach Möglichkeit sollte darauf verwiesen werden (können), woher die Elemente der Kunst , Kleidung , Frisur und so weiter stammen, die man nutzt. Wenn man das ignoriert, ist es für den Zusammenhalt einer Gesellschaft eher kontraproduktiv. Tatsächlich jedoch ist es so, dass weltweit Völkergruppen verschiedener Herkunft seit Jahrtausenden auch Ideen von anderen Kulturen übernehmen. Dies kann religiöse, militärische oder politische Gründe haben, oder die übernehmende Kultur möchte sich lediglich gesellschaftlich bereichern.  Natürlich lassen sich Elemente anderer Kulturen auch wenig integrativ gedacht einfach nur vermarkten, damit man mit den Ergebnissen lediglich schnöde Profit machen kann. Dieser Zweck heiligt aber nicht die Mittel, wie man so schön sagt. Es sind also noch viel Arbeit und Wille zur Offenheit nötig, um über die korrekte und vernunftgemäße Übernahme verschiedener Elemente fremder Kulturen nachzudenken. Eine Betrachtung der jeweiligen kulturellen Hintergründe bzw. Verweise darauf sollten möglich sein können, ohne den berühmten moralischen Zeigefinger zu strapazieren. Ganz nebenbei läßt sich dadurch auch die Fehlerquote im kulturellen Miteinander reduzieren.

 

Noomi

Interkulturelle Öffnung in Gesundheitseinrichtungen in Deutschland

Im Jahre 2015 vollzog sich in Deutschland der große Umbruch, als die verantwortlichen Stellen vom BAMF des BMI wegen der stark angestiegenen Migrationswelle endlich von der großen Flüchtlingskrise sprachen (Ulrich, 2020).

Dies hat weitreichende Veränderungen in Politik, Gesellschaft und auch dem Gesundheitswesen zur Folge. Und genau dieser Umbruch und den anstehenden notwendigen Lösungen im Gesundheitswesen ist Gegenstand in  diesem Beitrag. Beim Bundesministerium für Gesundheit (BMG) heißt es auf der Website, dass „[…] Flüchtlinge, die in Deutschland Schutz suchen, (…) eine angemessene Gesundheitsversorgung (brauchen, Anm. d. Verf.) […].“ (BMG, 2021).

Ausgangspunkt ist der Art. 14, Abs. 1 der UN-Menschenrechts Charta, in der es heißt:

„Jeder hat das Recht, in anderen Ländern vor Verfolgung Asyl zu suchen und zu genießen.“

(humanrights.ch, 2021). Und nach Art. 160 Abs. 1 d. GG der Bundesrepublik Deutschland ist dem politisch Verfolgten das Asylrecht zu gewähren. Und das schließt auch die gesundheitliche Versorgung mit ein.

Neben den staatlichen Einrichtungen steht auch noch die Malteser Medizin für Menschen ohne Krankenversicherung zur Verfügung – und Geflüchtete haben zu Beginn ihres anfänglichen Aufenthaltes in Deutschland zunächst keine Krankenversicherung (Malteser, 2021)!

Nach dem Datenreport des Statistischen Bundesamtes für das Jahr 2019 gilt n. Tab. 1 des Kap. 1.2.1, der Anteil der Flüchtlinge beträgt 21,246 Mio. Menschen und der Anteil der Ausländer liegt bei 10,12 Mio. Menschen (destatis, 2021, S. 81 ff.). Die Schwierigkeit ergibt sich durch unterschiedliche Ethnien, die einer anderen historisch gewachsenen politischen, kulturellen und religiösen Gemeinschaft entstammen, verbunden mit einer anderen Affinität zu Geschlecht und Gesundheitswesen im soziologischen und med. Sinn.

Da in Deutschland das Gesundheitssystem anders praktiziert und gelebt wird und zudem die Sprachbarriere bei den Ausländern bzw. Ausländerinnen mit Migrationshintergrund hinzu kommt, ist dies ein schwieriges Feld in der Gesundheitspolitik.

 

Wie festgestellt, hat in Deutschland die Zahl der Migranten in den letzten Jahren deutlich zu-genommen, s. o. Ziff. 1.2. Zu den größten Gruppen zählten diejenigen, die über die Länder Südeuropas, wie auch der Türkei und Nordafrika kommen (Schirilla, 2013, S. 8 – 9). Das Augenmerk wird hier auf den Migranten als Mensch gelegt, der derzeit keine Staatsbürgerschaft besitzt und somit keine sich daraus herleitenden Rechte auch im Gesundheitswesen einfordern kann (Walter u. Matar, 2018, S. 7). Dies stellt für die betroffenen privaten und öffentlichen Einrichtungen des Gesundheitswesens eine besondere Herausforderung dar, um helfend ein-greifen zu können. Hier sind Politik, Gesellschaft und das Gesundheitssystem gefordert (Richter, 2001, A3421 f.).

Studien und Literatur  zur Thematik der interkulturellen im stationären und ambulanten Betrieb haben im Gesundheitswesen  zweierlei gezeigt. Zunächst ist die Problematik der ärztlichen Versorgung von Geflüchtete schon lange bekannt. Dies betraf den

Zuzug von Flüchtlingen u.a. aus Russland. Mit der wachsenden politischen Bedrohungslage nach 2003 begann der Flüchtlingsstrom anzusteigen.

Für das Gesundheitswesen in Deutschland bedeutet die wesentliche Änderung. Eine erfolgreiche Heilbehandlung des Patienten mit Migrationshintergrund bedarf einer Vielzahl von Maß-nahmen. Hier muss eine kultursensible Patientenversorgung erfolgen. Dies bedeutet, die sprachlichen, religiösen, kulturellen Besonderheiten zu beachten. Dies schließt auch den täglichen Speiseplan mit ein, der die kulturellen und religiösen Aspekte mit  berücksichtigt

Ein Erfolg kann nur dann erzielt werden, wenn auf der Planungs- und Managementebene des Krankenhauses Ziele vorgegeben werden, ein Qualitätsmanagement mit der Ausschöpfung des Verbesserungspotentials operiert und das Personal mit den gewonnenen Erfahrungen zuarbeitet.

Noomi

Lieber Angsthase!

Ich weiß, dass Du davor Angst hast, dass sich in Deinem Leben Veränderungen ergeben werden. Deswegen bist Du ja auch der Angsthase. Ich frage mich, ob Deine Reaktionen und Reflexe auf Deine Angst Dich von ihr befreien werden? Bisher verlief Dein Leben meist zu Deinen Gunsten gut. Du musstest nie hungern, Du kanntest keine Obdachlosigkeit, Deine Ausbildung war gesichert und Du wurdest medizinisch erstklassig versorgt (Ausnahmen bestätigen die Regel). Handelt es sich bei Dir vielleicht um Verlustängste? Dein Status scheint nicht mehr sichergestellt. Die Bildungseinrichtungen, die Du besuchtest, vermittelten Dir längst überholtes Wissen und bereiteten Dich nicht auf zukünftige Herausforderungen vor. Dir wurde nicht erzählt, dass ein Land wie die Volksrepublik China binnen einer Generation von einem Land, deren Bevölkerung noch unter Hungersnot litt, zur zweitstärksten Volkswirtschaft der Welt aufsteigen würde. Dir wurde auch nicht beigebracht, wie Du im Rahmen von Negativzinsen und Inflation Deinen privaten Wohlstand mehren oder ihn zumindest erhalten kannst. Dir wurde auch nicht mitgeteilt, dass es möglich ist, dass ein Hersteller von Elektrofahrzeugen aus den USA – innerhalb einer Dekade – alleine mehr wert sein wird, als die gesamte deutsche Automobilindustrie. Es gefällt Dir auch nicht, wenn eine minderjährige Schülerin aus Schweden freitags nicht zur Schule geht, um Dich darauf aufmerksam zu machen, dass Deine Lebensweise nicht gut für das Klima ist. Du willst nicht auf Kaffee, Bananen, Schokolade, Gewürze, Öl, Gas und Benzin verzichten, aber Du hast Angst vor den Menschen, die aus den Ländern kommen, in denen diese Rohstoffe abgebaut werden. Es hat Dir auch niemand verständlich machen können, dass Menschen, seit sie existieren, immer gewandert sind und das Ländergrenzen nichts Natürliches sind. Du weißt zwar, dass es im deutschen Grundgesetz einen Artikel gibt, der darauf hinweist, dass alle Menschen gleichwertig sind, aber irgendwie möchtest Du dann doch nicht gendern oder geschlechtsneutral formulieren.

Dir fällt auf, dass die Parteien, die Dich in den Landtagen und im Bundestag vertreten, Dir Deine Angst nicht nehmen können und Dir auch keinen Mut für die Zukunft machen können.

Wahrscheinlich wünscht Du Dir nun die Epoche des 20. Jahrhunderts bis in die 1960er Jahre zurück, im tiefsten Inneren, weißt Du jedoch, dass sich das Rad nicht mehr zurückdrehen lässt.

Wir durchleben derzeit eine Revolution, lieber Angsthase. D.h. dass sich Gesellschafts- und Wirtschaftsweisen um 180° ändern werden. Revolution bedeutet Umwälzung! In ihr werden die bestehenden Herrschaftsverhältnisse verändert und die Machtverhältnisse neu verteilt. Die Karten werden also neu gemischt. In der Geschichte kam und kommt es immer wieder zu Revolutionen. Häufig verliefen Revolutionen blutig. Ich hoffe für uns alle, lieber Angsthase, dass wir Industrie 4.0 friedlich erleben werden. Dennoch wird es Phasen geben, die für manche ungemütlich verlaufen werden. Lieber Angsthase, ich weiß auch nicht was passiert, wenn wir jährlich um die 400.000 Migranten für unseren Arbeitsmarkt benötigen, um unseren Wohlstand und unseres Sozialsysteme zu sichern und wenn gleichzeitig durch die Digitalisierung eine Arbeitslosigkeit im zweistelligen Prozentbereich hervorgerufen wird. Was ich aber weiß ist, dass sich aus Veränderungen auch Chancen und neue Möglichkeiten ergeben. Angst rührt häufig aus Unwissenheit her und Mythen und alten Wissensbeständen. Wenn Du Dein Wissen updatest, könnte es eventuell Deine Angst lindern oder sie Dir sogar nehmen. Meinen nächsten Brief schreibe ich der Mutigen Bärin, die die sich den neuen Herausforderungen stellt und mit ihrer Zuversicht und ihren Visionen einen neuen Spirit etablieren kann. Eventuell gibt es da ja etwas, was Dir Mut macht.

Beste Grüße

Dein

Murdoch

 

 

Der Einfluss von Interkulturalität auf zwischenmenschliche Beziehungen

Hass auf Social Media

Der Universitätsprofessor Dr. Claus Altmayer, der Deutsch als Fremdsprache / Kulturstudien lehrt, definiert Interkulturalität als die Begegnung mit Fremdem und Fremden , die zur alltäglichen Erfahrung und Herausforderung wird. Auch das Aushalten von Verschiedenheit und die Bereitschaft zur Infragestellung von Verhaltensformen gehören dazu.

Vor einigen Monaten hatte ich ein tiefgründiges Gespräch mit einer Frau, die in einem Land in Zentralafrika geboren wurde und im Kindesalter mit ihrer Familie nach Deutschland immigriert ist. Sie betreibt freiberufliche Bildungsarbeit zu Rassismus kritischem Denken und ist dafür in ganz Deutschland unterwegs. Seit geraumer Zeit erhält sie Anfeindungen auf Social Media, dass sie deshalb nicht aktivistisch arbeiten sollte bzw. kann, weil ihr Ehemann weiß ist und somit als privilegiert gilt. Ihr würden dadurch angeblich viele Zugänge ermöglicht werden, z.B. Zugang zu schönem Wohnraum. Also sei sie kein „echtes Opfer“, sondern selbst privilegiert.

Diese Äußerungen empfinde ich als unpassend und zu kurz gedacht. Ich hatte mich vorerst dazu entschieden, mich nicht weiter mit den Hasskommentaren auseinanderzusetzen. Doch schlussendlich konnte ich nicht dabei innehalten. Denn viele Menschen erkennen das Ausmaß der Herausforderungen nicht, denen sich interkulturelle Paare in Deutschland stellen müssen. Aufgrund sozialer Gegebenheiten, Rassismen und anderen Diskriminierungsformen innerhalb ist eine solche Ehe nicht nur äußerlich bedroht, sondern auch durch den dadurch verursachten Stress innerhalb der Beziehung. Doch es gibt genug Menschen, die gegenüber dem Ehepartner als Verbündete agieren können und gegen jegliche Diskriminierungsformen kämpfen, obwohl sie selbst nicht davon betroffen sind.

Ich bin ihnen dankbar, wenn es ihnen egal ist, welche Hautfarbe man hat un stattdessen das Zwischenmenschliche im Vordergrund steht.

Noomi

Liebe Studierende mit afrikanischem Hintergrund,

 

ich hoffe, Ihr erlaubt mir, auf diesem Wege ein paar Worte an Euch zu richten. Wer mich kennt, weiß, dass ich nicht nur mit einer ehemaligen afrikanischen Studentin verheiratet bin (meine Frau und ich haben uns an der Uni kennengelernt), sondern dass ich auch nicht wenige von Euch ein Stück Eures Weges begleitet habe. Auf Basis meiner in mehr als 15 Jahren gewonnen Einsichten möchte ich Euch ein paar Dinge mit auf den Weg geben.

Nun zu Euch: Im Grunde genommen besteht Ihr aus zwei vollkommen unterschiedlichen Gruppen, die (abgesehen von Euren äußeren Merkmalen wie der Hautfarbe) kaum etwas miteinander gemein haben, nämlich den Studierenden, die in Afrika die Schule abgeschlossen haben und als „ausländische Studierende“ nach Deutschland gekommen sind, und denjenigen von Euch, die hier geboren oder zumindest aufgewachsen sind.

  1. Zunächst möchte ich Euch Studierenden aus der ersten Gruppe sagen, dass ich Euch bewundere. Ihr studiert in einer für Euch fremden Sprache, die nicht einfach zu erlernen ist, und müsst größtenteils für Euren Lebensunterhalt selbst aufkommen. Zudem müsst Ihr Euch an eine vollkommen andere Gesellschaft und Kultur gewöhnen. Leider schließt dies auch in manchen Fällen Rassismus ein. Natürlich lehnen die meisten Deutschen Rassismus ab, aber selbst ein einziger rassistischer Vorfall ist immer noch einer zu viel. Die Tatsache, dass die allermeisten von Euch trotz dieser widrigen Umstände erfolgreich ihr Studium abschließen, nötigt mir den höchsten Respekt ab.
  2. Nun zu Euch Studierenden mit einem oder zwei afrikanischen Elternteilen, die in Deutschland geboren oder zumindest aufgewachsen sind: Leider muss ich nach den vielen Jahren, in denen ich mit Euch zu tun hatte, feststellen, dass Euer Bildungserfolg anders als bei den Studierenden aus der ersten Gruppe weit unterdurchschnittlich ist. Auch, wenn es unter Euch auch ermutigende Beispiele gibt, bleibt doch der Durchschnitt von Euch katastrophal weit unter seinen Möglichkeiten. Ich habe unzählige Male gesehen, dass viele von Euch trotz vorhandener geistiger Fähigkeiten jahrelang nur jobben, bis Euch überhaupt der Gedanke kommt, dass eine Ausbildung vielleicht doch sinnvoll wäre. Andere studieren bis in die Puppen oder brechen am Ende ihr Studium ab. Ein Wort vorab: Bitte seid so ehrlich und schiebt dies nicht auf unser System. Anders als in vielen Ländern der Welt ist bei uns der Besuch der Hochschule, sofern es sich um eine staatliche Hochschule handelt, fast kostenlos, und der Hochschulzugang wird allein aufgrund der Hochschulzugangsberechtigung gewährt. Wir haben hier in Deutschland viele Privilegien und Möglichkeiten, die per Gesetz jedem, der oder die sich hier legal aufhält, unabhängig von Herkunft und Aussehen offenstehen. Ich denke aber, dass sich viele von Euch selbst im Wege stehen und Ihr diese Möglichkeiten nur unzureichend nutzt. Einige Beispiele:
  • Ist es unbedingt notwendig, 15-20 Stunden pro Woche neben dem Studium zu arbeiten, um immer das neueste iPhone besitzen zu können und 20 Paar Schuhe im Schrank zu haben? Ich verstehe durchaus Euren Frust, wenn Ihr seht, dass Euch Eure Eltern aus der ersten Einwanderergeneration bestimmte Dinge nicht bieten können, die deutsche Mittelschichteltern ihren Kindern vielfach ermöglichen können. Aber wäre es nicht besser, dies als Ansporn zu sehen, im Studium Gas zu geben? Glaubt mir, wenn Ihr Euer erstes richtiges Gehalt bekommt, werden Euch die Beträge, die Ihr durch Kellnern und Co. verdient, lächerlich erscheinen! Und zudem: Die teuren Gadgets, für die Ihr jobben geht, sind doch auch nach kurzer Zeit wieder überholt. Und müsst Ihr Euch im Studium den Stress antun, eine eigene Wohnung oder ein Auto zu finanzieren, obwohl Eure Eltern in der Nähe wohnen und Ihr Anspruch auf ein Semesterticket habt? Tut es nicht auch die U-Bahn und wenn möglich das Wohnen bei Euren Eltern? Spart Euch doch den Stress!
  • Müsst Ihr bei jedem Afrocommunity-Event und bei jeder Hochzeit dabei sein? Ich bin selbst gerne bei afrikanischen Hochzeiten, aber ich weiß, dass diese sehr zeitintensiv sind. Ist Euch der oder die entfernte Bekannte wirklich so wichtig, dass Ihr für sie oder ihn ein ganzes Wochenende in der Klausurzeit auf den Kopf hauen müsst und so Euren Klausurerfolg gefährdet? Würde sie oder er dies auch für Euch tun?
  • Ich persönlich bin sehr dafür, regelmäßig zur Gemeinde zu gehen. Als ich Student war und noch bei meinen Eltern wohnte, habe ich mich gemeindlich stark engagiert. Die Konsequenz war allerdings, dass ich kaum nebenbei gearbeitet habe. Ein Studium ist im Prinzip ein Vollzeitjob. Studium plus 20 Stunden jobben plus fünf Mal pro Woche in der Gemeinde wird wohl nur in Ausnahmefällen gut gehen, denn gerade die Veranstaltungen in afrikanischen Gemeinden sind sehr zeitintensiv. Ich finde es toll, dass viele von Euch Gott dienen wollen, aber der Dienst für Gott verlangt einem eben auch manchmal Entscheidungen ab. Vielleicht müsst Ihr Euch eben zwischen Gott und dem Geld für Luxusgüter entscheiden. Ihr wisst doch, dass Jesus selbst gesagt hat, dass man nicht gleichzeitig Gott und dem Mammon dienen kann.

Übrigens: Viele große Diener Gottes waren hochgebildete Menschen: Der Apostel Paulus war Schriftgelehrter, Martin Luther war Professor der Theologie, Jean Calvin war Jurist, John Wesley war Theologe, Derek Prince war Professor für Philosophie etc. Auch die meisten der bekannten afrikanischen Pastoren, die Ihr Euch gerne anhört, scheinen weit überdurchschnittlich gebildet zu sein. Bildung wird Euch in Eurem zukünftigen geistlichen Dienst helfen, weil Ihr durch Bildung die Welt, die Ihr erreichen wollt, besser verstehen werdet. Und noch ein letzter Punkt: Gott hat dem Propheten Daniel und seinen Freunden überragende intellektuelle Fähigkeiten gegeben. Dies kann er auch für Euch tun. Trotzdem werdet Ihr das, was Ihr durch mangelndes Lernen verliert, nicht durch intensives Beten und Fasten zurückerhalten. Gott segnet das, was Ihr in der Hand habt. Lernt also so, wie es notwendig ist, und vertraut dann Gott, dass er Eure Lernanstrengungen (also das, was Ihr in der Hand habt) in der Prüfung segnen wird.

 

Natürlich sind diese Einsichten stark verallgemeinernd, aber wenn man eine Gruppe, die aus mehr als einem Individuum besteht, als Gruppe ansprechen will, muss man eben verallgemeinern. Ich denke zudem, dass meine Beobachtungen in vielen Fällen zutreffen.

Ich habe Euch diese Zeilen geschrieben, weil ich Euch mag und Euer Potential sehe. Ich würde mich freuen, mehr von Euch an exponierten Stellen der Gesellschaft zu sehen, denn anders als viele Eurer „biodeutschen“ Altersgenossen seid Ihr mit Werten aufgewachsen, die unserer dekadenten, postmodernen Gesellschaft größtenteils verloren gegangen sind, beispielsweise Ehrfurcht vor Gott, Respekt vor älteren Menschen und Familienorientierung. Eigentlich habt Ihr ein großes Potential, diese Gesellschaft wieder zum Positiven zu verändern. Dies geht aber nur, wenn Ihr auf allen Ebenen präsent seid. Die 68er haben unsere Gesellschaft durch ihren „Marsch durch die Institutionen“ komplett umgekrempelt, und zwar aus meiner Sicht vielfach zum Negativen. Ein Umkrempeln der Gesellschaft ist vielleicht zu viel von Euch verlangt, aber Ihr könntet doch zumindest versuchen, an vielen Stellen „Salz und Licht“ zu sein, so wie die Bibel es sagt.

Auf jeden Fall wünsche ich Euch viel Erfolg…nutzt Eure Möglichkeiten!

Herzlichst,

Euer Jan!

Jan Sickinger ist nach seinem abgeschlossenen Studium der Ökologie in Essen mehr als 13 Jahre beruflich im IT-Bereich unterwegs gewesen. Neben dem Beruf hat er zusätzlich ein berufsbegleitendes MBA-Studium absolviert und beendet gerade noch einen berufsbegleitenden Master in Theologie. Seit 2005 ist er Mitglied von House of Solution, einer internationalen (mehrheitlich von Afrikanern besuchten) Gemeinde in Mülheim an der Ruhr, in der er vor allem im Bereich Simultan-Übersetzung aktiv ist. Seine Leidenschaft ist es zudem, Studierenden in dieser Gemeinde und anderswo mit Rat und Tat auf ihrem Weg zu unterstützen und zu sehen, dass sie ihren Bildungsweg mit Erfolg gehen. Seit 2009 ist er mit seiner wunderbaren togolesischen Frau verheiratet.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Internationaler Tag gegen Rassismus

Ich möchte alle daran erinnern, dass am 21.03.2021 dem Internationalen Tag gegen Rassismus zu gedenken war.

Rassismus hat viele Gesichter: Die Segregation in den USA, Diskriminierung aufgrund der Hautfarbe(Colorism)  in Brasilien , Rassismus gegen die Aboriginals in Australien. Haß auf Asiaten (besonders seit Corona), Muslimhaß, Verfolgung von Roma und Sinti, Antisemitismus, Apartheid in Südafrika.

Im Jahr 1960 versammelten sich mehr als 6000 Demonstranten in Sharpeville( Südafrika) ,vor einem Polizeipräsidium, um sich aus Protest verhaften zu lassen. Sie protestierten gegen die diskriminierenden Passgesetze des Apartheidsystems. Ein weißer Polizist gab den Befehl, auf die Demonstranten zu schießen. 69 Schwarze Personen starben, und mehr als 180 davon wurden schwer verletzt. Nach dem stattgefundenen Massaker, ist am 21.03.1966 der internationale Tag gegen Rassismus von den Vereinten Nationen  ins Leben gerufen worden.

Nach dem Terroranschlag in Hanau 2020 gründete die Bundesregierung in Deutschland einen Kabinettsausschuss gegen Rassismus und Rechtsextremismus. Dessen Mitglieder machten sich über antirassistische Strategien Gedanken, auch darüber, den Rassenbegriff im Grundgesetz zu ersetzen. Ich finde den Ansatz gut.

Unter folgenden Link werden die Ansätze vorgestellt : )(https://www.integrationsbeauftragte.de/ib-de/amt-und-person/amt-und-aufgaben/bundesregierung-beschliesst-massnahmenpaket-gegen-rechtsextremismus-1820050.

Eine Bitte an alle, die keine eigene Rassismus-Erfahrung haben und nie haben werden: Werdet Euch darüber bewusst, und fragt Euch ehrlich, was Ihr dazu beitragen können, Rassismus zu erkennen. Er muss beendet werden können. Auch bei Diskriminierungsereignissen, die man so mitbekommt, fragen Sie sich, inwieweit Sie selbst dabei aktiv werden und wirkungsvoll einschreiten können. Das bedeutet natürlich nicht, das sich jemand dabei selbst in Lebensgefahr bringen soll. Doch ein Anruf bei der Polizei würde bestimmt schon bei der Verfolgung eines solchen Verbrechens helfen.

Noomi

 

 

 

 

 

 

Wie lange hält eine Gesellschaft das aus?

Das Jahr 2020 hat viele Hürden mit sich gebracht: Die Lufthansa wurde gerettet, die Autoindustrie gestützt, der Wald für eine Autobahn gerodet, Black Lives Matter, Pandemie, die Wahl des ersten schwarzen US- Verteidigungsministers Lloyd Austin, und vieles mehr.

Für mich selbst hat es für mich in den vergangenen Monaten auch bedeutet, dass ich mich intensiv mit den eigenen Kapazitäten und Momenten auseinandersetzen konnte. Keine einfache und keine schöne Auseinandersetzung, da es mir auch nochmal sehr deutlich gemacht hat, wie das Leben eines Menschen mit begrenzten Aufenthaltsstatus aussieht – kaum Entscheidungsgewalt in seinem Leben zu haben.

Nie im Leben hätte ich geglaubt, dass ich mal in eine Situation geraten könnte, mich gefangen zu fühlen, und, was noch schlimmer ist, tatsächlich nichts dagegen tun zu können. Eine höhere Instanz kann einfach über mein Leben entscheiden und ich habe keine Kontrolle darüber. In dieser Situation stecken wir alle. Alle sitzen im selben Boot.

Ausgangssperre, jeden Tag warten, was die Bundesregierung für mein Leben entscheidet …

Nun spielen hierbei der Pass und die Hautfarbe keine Rolle mehr. Wir alle haben nun Zeit, achtsam mit uns selbst zu sein und mit den mentalen und physischen Folgen umzugehen, die das Jahr 2020 mit sich brachte und weiter bis in Jahr 2021 hinein.

So schwer es uns fallen mag, ein Zurück wird es nicht mehr geben, jedenfalls nicht mehr zu den alten Mustern, nach denen wir vor Covid 19 gelebt haben. Die Pandemie bzw. die Gegenmaßnahmen machen vielen Menschen schwer zu schaffen.  Wir sind soziale Wesen, deshalb sind Kontaktbeschränkungen, Ausgangssperren, die Schließungen von Orten des öffentlichen Zusammenseins und sonstige Verbote, die Hölle auf Erden. Uns fehlt das Miteinander, die Nähe, alles, was uns bisher ausgemacht hat. Schon die Masken tragen behindert das Atmen und verbirgt die Mimik, und die vielen widerstreitenden Expertenmeinungen und Medienmeldungen sowie das Impfchaos verunsichern und verängstigen uns, es bauen sich Spannungen und Stress auf. Doch besonders für Menschen, die noch nie persönlich Zustände, wie nach einem Militärputsch, einem Krieg, oder einer umfassenden Katastrophe erleben mussten, fühlen sich überfordert. Zu allem Überfluss und der Angst vor Ansteckung kommt aber auch der Frust darüber, dass einem die Verantwortung für das eigene Leben aus den Händen genommen wurde.

Alles das, überfällt eine Bevölkerung, die Jahrzehntelang in relativer Ruhe und Sicherheit gelebt, und auch nie etwas anderes gekannt hat. Umso gravierender die Auswirkungen, das plötzlich über einen statt mit einem gesprochen wird, das Fremde folgenschwere Entscheidungen für einen treffen, bei denen man kein Mitspracherecht hat. Zu rasch wird man auch bei berechtigter und konstruktiver Kritik automatisch in die Nähe von Demokratiefeinden gerückt, denn seit „1984“ weiß man: Nicht das System macht Fehler; der Mensch ( Hier: die Nichtpolitiker, und Nichtexperte) macht sie: Und deshalb verwandeln sich respektable Bürger ohne Fehl und Tadel in das, was wir Migranten / Menschen mit dunkler Hautfarbe schon immer sind : In von Fremden unpersönlich verwaltete Außenseiter ohne Mitspracherecht darüber, was mit Ihnen geschieht. So schlimm die Pandemie und Ihre Folgen für unsere gemeinsame Gesellschaft auch sein mögen, vielleicht erwächst aus dem Schlimmen etwas Gutes: Das Verständnis des Weißen Menschen für unsere Lage. Jetzt, wo sie plötzlich selbst bis zum Hals mit drinstecken.

Meiner Ansicht nach gilt für uns ab jetzt eine andere Soziokultur.

Noomi

 

 

Zeitzeugen contra Fake News

„Zeitzeugen contra Fake News“bearbeiten

geschrieben von Dietmar Doering

Geschichte den eigenen Vorstellungen anpassen kann nicht nur die indiskutable „Schlussstrich-Fraktion“, die die Geschichte machenden Massaker und Völkermorde einfach nicht mehr erwähnt haben und ihre „Ruhe“ haben will. Beispiele: Kambodscha (Intellektuelle), Ruanda (Tutsi, Hutu), Deutschland (Juden, „Sinti und Roma“, Schwarze), die USA (Amerikanische Ureinwohner, Schwarze), die Türkei (Kurden, Armenier), Myanmar (Rohinga), Bosnien. Deutschland hat mit der zwölfjährigen Zeit der nationalsozialistischen Diktatur sein eigenes Kreuz zu tragen.

So langsam sterben jedoch die Zeitzeugen weg, die uns noch aus eigener Erfahrung berichten können, wie das damals mit der Verfolgung und den Konzentrationslagern und der fabrikmäßig aufgezogenen Vernichtung von Menschen war. Sollte es dereinst soweit sein, dass zukünftig weder Opfer noch Täter dieser Zeit noch unter den Lebenden weilen, gibt es zwar überall massenweise Originaldokumente und echte Hinterlassenschaften, die das Andenken wahren. Doch was, wenn sich Sklaverei- und Holocaustleugner nicht mehr nur auf das Abstreiten oder das Verharmlosen beschränken? Wenn Archive und Datenbanken “gesäubert” werden? Ein Thriller- und Science Fiction-Szenario („1984“, „Schöne neue Welt“, „Fahrenheit 451“)? Nein. Denn: Der Sieger schreibt die Geschichte. Nach einer gewissen Zeit interessiert es viele Menschen nicht mehr, ob Fakten auch mit handfesten Beweisen belegt werden können. Vor allem, wenn man sie bewusst davon ablenkt. Selbst Zeitzeugen unterliegen bei bestem Wissen und Gewissen immer dem Einfluss ihren persönlichen Sichtweisen, Ideologien, religiösen Überzeugungen, Traumata oder Irrtümern.

Wie groß ist die Gefahr dann erst, wenn man mittels der modernen Technologien und Techniken Einfluss auf die Geschichtsschreibung nimmt, ob nun naiv-bedenkenlos oder bewusst-bösartig? Welche Erkenntnisse unserer Historiker und Archäologen gehen schon auf historische Fake News und auf Propaganda zurück? Wer von den heute Lebenden kann davon schon etwas aus eigener Anschauung beweisen? Der Feldzug des ägyptischen Pharaos Ramses II gegen die Hethiter etwa wurde als großer Sieg verewigt, endete jedoch fast in einer Katastrophe, die Ramses und seine geschlagenen Truppen knapp überlebten. Somit stelle ich mir die Frage, ob wir mit dem unreflektierten Sturz von Denkmälern und Umbenennungen von Dingen nicht eigentlich selbst die Drecksarbeit und Verantwortung der Revisionisten und Leugner übernehmen? Beseitigen wir unreflektiert die Zeitzeugnisse, die aus einer ganz anderen Epoche mit völlig anderen ethischen und moralischen Grundlagen als heute stammen, sind diese Teile der Geschichte dann doch irgendwann einmal historisch „gar nicht geschehen“, oder?

Das wäre eine super Steilvorlage für Geschichtsrevisionisten und Lügner: Keine lebenden Zeitzeugen der Sklaverei mehr (oder deren direkte Nachfahren), keine Denkmäler oder Plantagen von Sklavenhaltern mehr, umgeschriebene Geschichtswerke – was kann den Rechten besseres geschehen als echte Fake Facts, weil gewisse Dinge „nie passierten“? Keine Beweise mehr und auch keine lebenden Zeitzeugen, die Medien quellen über von Lügen und Halbwahrheiten aus anonymen Quellen, Beweise wurden verfälscht, verzerrt oder existieren überhaupt nicht mehr, die „ breite Masse“ ist verwirrt, weiß nicht mehr, wem sie glauben soll, sie resigniert, radikalisiert sich. Wir sind nicht mehr darauf angewiesen, dass einmal im Monat ein Bote ins Dorf kommt, der uns das Neueste aus der großen weiten Welt mitteilt. Ein geringer Bildungsgrad, mediale Ablenkung, ein Ozean von fabrizierten Fake News und Bot-Kommentatoren, sie drohen uns heute zu verschlingen. Ohne entsprechende Kenntnisse, die man auch anzuwenden versteht, wird man dieser Menge an zweifelhaften Infos hilflos ausgeliefert sein. Was tut nur so, als ob es wahr wäre? Was ist nur missverständlich formuliert?

Als Konsens stelle ich mir persönlich vor, dass die Statuen und sonstige in Ungnade gefallenen Dinge eventuell unzerstört mit entsprechenden kritischen Erläuterungen versehen in Museen oder historischen Forschungsinstituten untergebracht werden könnten. Die medial gehypte Cancel Culture in jakobinischer Unrast dagegen hat jedoch schon jahrtausendelang Menschen aufs sprichwörtliche Schafott gebracht, aber niemals hat sie geschehene Geschichte, Traumata und Gewissensbisse ungeschehen gemacht. Sie nützt nur den Geschichtsfälschern, die am Ende behaupten könnten: „Wo bleiben die Beweise? Ihr habt keine.“ Afrikaner und Amerikanische Ureinwohner , ihre Geschichte darf aber nicht als „Fake Facts“ enden. Ich möchte nicht, dass die Wahrheit enthauptet wird und der dann nutzlose Torso, unsere tatsächlich gelebte Geschichte, auf dem ideologischen Müllhaufen eben dieser landet…

 

                                                                           

Die Krux an den Integrationswahlen

geschrieben von Noomi

In Deutschland besteht die Möglichkeit, alle fünf Jahre folgende kommunale Instanzen zu wählen: Oberbürgermeister und Landräte (diejenigen, die an der Spitze von Städten und Kreisen stehen);Parlamente, die von den jeweiligen Städten gesondert bestimmt werden, in Kreisfreien Städten die Bezirksvertretungen (Parlamente der Stadtviertel); im Ruhrgebiet als Ganzem wird über das Ruhrparlament abgestimmt. Hinzukommen, die Integrationsräte der Städte.

Einige Tage vor den Wahlen hatte ich einer Arbeitskollegin erzählt, dass ich gemeinsam mit dem Dachverband „Deutsch-Afrikanische Gemeinde“ für den Integrationsrat kandidieren wolle. Sie war begeistert und wollte ihre Stimme   abgeben, stellte aber fest, dass es für sie dafür keinen Wahlzettel gab. Ihr Ehemann kam dann darauf, dass es möglicherweise daran läge, dass sie beide Deutsche ohne Migrationshintergrund sind. Mir war es bis dato nicht klar, dass Deutsche ohne Migrationshintergrund nicht für die Integrationsratswahl abstimmen dürfen, jedoch dürfen sie sich als Kandidat zur Wahl aufstellen lassen. Denn wir sprechen von Integrationsräten, diese sind die Interessenvertretungen von Menschen mit Migrationshintergrund, die die Stadtregierungen / Stadträte beraten. Für Parteimitglied mit Migrationshintergrund gelten andere Regelungen.

Unter die Bezeichnung „Menschen mit Migrationshintergrund“ fallen: Menschen, die als Ausländer eingebürgert wurden sowie schon hier geborene Menschen, deren Eltern nicht deutsch sind (faktisch sind das alle bis zur dritten Generation in Deutschland Lebenden). So hatten ich es verstanden, viele andere aus meinem eigenen Umfeld ebenfalls. Jedoch fiel bei mehreren Fällen in Essen auf, das es Wahlberechtigte gab, die zwar alle Kriterien erfüllten, jedoch keinen Wahlzettel für den Integrationsrat erhalten hatten. Auch in den Wahllokalen in Essen gab es auf Anfrage keine konkreten Antworten. Wer ist dafür verantwortlich? Die Mitarbeiter der Wahllokale sind nur ausführende Organe, die für Zuteilung der Wahlberechtigungen fällt, nicht in das Aufgabenfeld der Wahllokale.

Meine Freundin besitzt die deutsche Staatsbürgerschaft, aber Ihre Eltern stammen aus Afghanistan,  haben jedoch ebenfalls die deutsche Staatsbürgerschaft. Alle drei haben trotzdem keinen Wahlzettel erhalten. Ich finde, das Interesse darin bestehen sollte, dass sich mehr Menschen mit Migrationshintergrund an den Wahlen zum Integrationsrat beteiligen sollten. Deshalb sollte transparenter gemacht werden, wer genau was genau wählen darf. Zwar ist das Wählen an sich klar definiert, die Interpretationen scheinen aber von den Einzelnen jeweils nach persönlichen Kriterien anders verstanden worden zu sein. Daher ist es nicht Verwunderns Wert, wenn nur die Integrationslisten etablierter Parteien einen Platz im Essener Rat erhalten.

Handelt es sich möglicherweise sogar um Wahlmanipulation? Wenn die Regelungen nicht einheitlich festgelegt sind. Mögliche Erklärung dieser Farce wäre eine Wahlmanipulation (angeblich ja nur eine Spezialität der Russen), um den Beitritt mancher Volksgruppen in den Integrationsrat zu unterbinden. Wirkliche Macht hat ein Integrationsrat sowieso nicht, aber mit seiner Einrichtung kann man ja politisch prima glänzen. Deutschland ist doch die Mutter aller Bürokratien, ein Ort, an dem alles genormt ist, und korrekt festgehalten wird – woran sich dann auch alle halten. Was ist dann bei den Integrationswahlen falsch gelaufen?

Unfassbar! Die Politik dreht halt auch alles so, wie sie es gerne hätte. Was nicht passt wird passend gemacht. Ich werde dazu einen Experten befragen, denn die Wahlkriterien sind selbst mir immer noch nicht vollkommen klar. Vielleicht kann er mir erläutern, warum.

Hier die zitierte Gemeindeordnung:

„Nichtdeutscher im Sinne des Artikels 116 Absatz 1 des Grundgesetzes ist:

  • wer eine ausländische Staatsangehörigkeit durch Einbürgerung erhalten hat oder
  • die deutsche Staatsangehörigkeit laut der in der im Bundesgesetzblatt Teil 3, Gliederungsnummer 102-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 28. August 2013 ( BGB.1 S.3458), erworben hat“

Bei dieser Wahl at es also leider keine parteilose Partei POC- Gruppe in Essen in den Rat geschafft. Ich bin enttäuscht über mangelnde Beteiligung der Wahlberechtigen an den Integrationswahlen in Essen, und den Uneinheitlichen Bestimmungen der Wahlen in den Städten

Gelingendes Zusammenleben: Einige biblische Einsichten

geschrieben von Jan Sickinger

Deutschland ist kein Einwanderungsland“. Diese Aussage, die noch in den 90er Jahren zumindest noch von Teilen der politischen Klasse so oder sinngemäß für wahr gehalten und vertreten wurde, ist mittlerweile unwahrer denn je.

Mittlerweile haben mehr als 25 Prozent der Bevölkerung einen Migrationshintergrund. Man kann dies kritisch sehen oder sich darüber freuen, jedoch bleibt diese Tatsache unabhängig von der persönlichen Sichtweise bestehen. Angesichts der immer diverser werdenden Bevölkerung stellt sich die Frage, wie Biodeutsche und Neudeutsche, Menschen mit dunkler und heller Haut, Menschen mit und ohne Migrationshintergrund, Autochthone und Allochthone, schon länger hier Lebende und noch nicht so lange hier Lebende ihr Zusammenleben jetzt und in Zukunft gestalten können. Natürlich ist jede Antwort auf diese schwierige und komplexe Frage unweigerlich vom persönlichen Hintergrund gefärbt.

Ich möchte versuchen, ein paar mögliche Antworten auf diese Frage als Christ zu geben und aufzuzeigen, dass die Bibel trotz ihres Alters ein paar wertvolle Gedankenanstöße zu diesem Thema liefern kann. Zunächst möchte ich erwähnen, dass laut dem Schöpfungsbericht in Genesis 1 Gott den Menschen zu seinem Bilde geschaffen hat. Der theologische Begriff hierfür lautet „imago dei“ und kann so verstanden werden, dass jeder Mensch aufgrund seiner Gottesebenbildlichkeit unabhängig von seiner Herkunft, Leistung, Hautfarbe etc. eine unveräußerliche Würde hat. Nun ist Deutschland ein säkularer Staat, und maßgeblich für die staatliche Gesetzgebung ist nicht die Bibel, sondern das Grundgesetz. Jedoch haben sich die Väter des Grundgesetzes nach den schweren ethischen Verirrungen des Nationalsozialismus wohl auch an dieses biblische Prinzip erinnern, als sie Artikel 1 des Grundgesetzes formulierten: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ Folgt man dem biblischen Prinzip oder dem daraus abgeleiteten Prinzip des Grundgesetzes, dann ist jeder Diskriminierung und jedem Rassismus der Boden entzogen. Niemand, der sich Christ nennt oder meint, auf dem Boden des Grundgesetzes zu stehen, kann gleichzeitig ausländerfeindlich oder gar rassistisch sein. Zur aktuellen Diskussion bezogen auf die Vorkommnisse in den USA muss ich sagen, ich persönlich mit dem Slogan „Black Lives Matter“ nichts anfangen kann. Gibt es schwarzes, weißes oder gelbes Leben? Das Konzept von den drei Großrassen (Europid, Mongolid, Negrid) aus der Mottenkiste des 19. Jahrhunderts wurde durch die moderne Genetik überholt. Es gibt keine Menschenrassen, lediglich eine Bandbreite von phänotypischen Merkmalen bei Menschen, und die Hautfarbe ist nur eines von vielen Merkmalen, die innerhalb der menschlichen Population variieren. Abgesehen davon, dass Rassismus unethisch ist, ist er also auch unwissenschaftlich und zudem unlogisch, weil sich die Frage stellt, warum Rassisten ausgerechnet die Hautfarbe als primäres Abgrenzungskriterium heranziehen und nicht den Ohrenabstand oder die Schuhgröße. Ein weiteres Prinzip, welches aus der Bibel ableitbar ist, ist die Liebe und Offenheit dem Fremden gegenüber. Auch unter dem Volk Israel des Alten Testamentes lebten Fremde. Die Hebräische Sprache unterscheidet interessanterweise zwischen Fremden, die dauerhaft unter dem Volk lebten (vielleicht heute vergleichbar mit Menschen mit befristeter und unbefristeter Aufenthaltserlaubnis) und kurzzeitigen Besuchern. Für die Ersteren galten besondere Schutzbestimmungen, sie durften am religiösen Leben teilnehmen und hatten unter bestimmten Umständen die Möglichkeit, selbst Israeliten zu werden. Jeder Israelit war aufgefordert, den dauerhaft im Land lebenden Fremden wie sich selbst zu lieben, und wurde davor gewarnt, ihn zu unterdrücken. Zwar ist Deutschland nicht das alte Israel, jedoch würde es auch unserer Gesellschaft guttun, diese Prinzipien in unsere heutige Zeit zu übertragen. Wir sollten grundsätzlich offen dafür sein, dass Menschen aus anderen Ländern zu uns kommen und dauerhaft bei uns bleiben und ihnen ihr Leben nicht angesichts schon bestehender Schwierigkeiten (Sprache, Kultur, Trennung von der Familie etc.) noch schwerer machen. An die permanent unter dem Volk Israel lebenden Fremden wurden allerdings auch Erwartungen gestellt. Die grundlegenden Regeln des gesellschaftlichen Zusammenlebens galten ohne Abstriche auch für sie. Bezogen auf die heutige Situation muss man leider feststellen, dass es Migrantengruppen gibt, unter denen die Kriminalitätsrate um ein Vielfaches höher ist als beim Durchschnitt der Bevölkerung und die in ihren eigenen Parallelgesellschaften ohne Respekt vor Recht und Gesetz leben. Hierbei ist es besonders bitter, dass einige von ihnen einmal als Flüchtlinge nach Deutschland gekommen sind und die freundliche Aufnahme mit Undank quittieren. Von 25 festgenommenen Randalierern in Stuttgart hatten allein neun Flüchtlingsstatus. Es ist nicht rassistisch oder ausländerfeindlich, diese Problematik offen anzusprechen. Verschweigt man solche Tatsachen, überlässt man sie damit dem rechten Rand, der sie dann für seine eigenen Zwecke missbrauchen wird. Für den gesellschaftlichen Frieden ist es unabdingbar, unsere Werte und Gesetze von vornherein auch von Menschen aus anderen Ländern und Kulturkreisen einzufordern. Wer nicht bereit ist, sich an die hier herrschenden Regeln zu halten, weil sie vielleicht seinen eigenen kulturellen Prägungen widersprechen, sollte gezwungen werden, unser Land ohne die Möglichkeit auf Rückkehr wieder zu verlassen. Niemand muss die Kultur seines Herkunftslandes aufgeben, und ob man mit bunter Kleidung aus Afrika oder dem klassischen Dreiteiler herumläuft soll jedem selbst überlassen sein. Allerdings ist es erwartbar, dass Menschen, die neu nach Deutschland kommen, die hier seit langem vorherrschenden kulturellen und gesellschaftlichen Werte der Mehrheit respektieren und sich entsprechend verhalten. Aktive Integration darf von der Gesellschaft nicht erschwert und muss von Zuwandernden erwartet werden. Basierend auf meinen christlichen Überzeugungen schwebt mir eine Gesellschaft vor, die offen ist für Menschen aus anderen Ländern. Ich wünsche mir eine Gesellschaft, in denen Menschen unabhängig von Herkunft und Hautfarbe die Chance haben, sich zu entfalten, die aber auch stark genug ist, Recht und Gesetz einzufordern und durchzusetzen.

Ich persönlich versuche, meinen Beitrag hierzu zu leisten, indem ich alle Menschen gemäß der ihnen verliehenen Würde behandele. Ich freue mich zudem, wenn ich sehe, wie sich Menschen mit Zuwanderungsgeschichte, denen ich bei ein paar Schritten auf ihrem Weg geholfen habe, in unserer Gesellschaft etablieren