Doppelmoral

Immer häufiger begegnet uns eine Problematik, die wir als postkoloniale Ausbeutung oder ungerechte, von Fall zu Fall möglicherweise sogar illegale Bereicherung bezeichnen. Mittlerweile gibt es diverse Organisationen, welche sich demonstrativ als weltoffen bezeichnen und es sich zur Aufgabe gemacht haben, der Schwarzen Community zu helfen, um sie besser in Deutschland zu integrieren. Auch werden unter diesen Deckmantel antirassistische Projekte konzipiert, wofür sie dann finanzielle Unterstützung vom Land oder vom Bund erhalten. Nur – wie sieht diese Form der Hilfe aus? Wer führt sie durch? Und von wem genau wird sie angeboten? Vor allem: Was wird damit tatsächlich bezweckt?

Als schwarze Menschen, welche sich nicht nur privat, sondern auch öffentlich engagieren und innerhalb dieser Strukturen bewegen, kategorisieren wir die Formen der Hilfe in:

 

  1. A) Ernst gemeinte Hilfe:

 

– Ein Angebot, welches von Schwarzen selbst oder in Kooperation mit nichtschwarzen Menschen initiiert wird und bei dem auf allen Ebenen Hand in Hand gearbeitet wird.

Die Offenlegung der Finanzierung und Budgetierung wird von Anfang bis zum Ende von beiden Gruppierungen festgelegt und getragen und auf gleicher Augenhöhe kommuniziert.

Faire Bezahlung sowie Mitgestaltung wie auch Mithaftung durch alle Beteiligten sind gegeben.

 

  1. B) Scheinhilfe:

 

Projekte werden von Weißen für Afrikaner gestaltet. Merkmale:

– Einbeziehung der rassifizierten Gruppe ohne deren tatsächlicheBeteiligung an der Gestaltung und Durchführung des Projektes, lediglich deren formale (Alibi-)Präsenz zählt.

– Es besteht ein Abhängigkeitsverhältnis beruflicher, sozialer oder privater Natur.

– Honorare werden entweder überhaupt nicht oder in nicht angemessener oder lächerlicher Höhe gezahlt.

Leider haben wir oftmals am eigenen Leib erfahren müssen, dass nominell gemeinnützige Institutionen nicht im Sinne von afrikanischen Menschen handeln, obwohl dies ja eigentlich doch ihre „Geschäftsgrundlage“ darstellt.

 

Den Fokus möchten wir daher auf das Phänomen der Scheinhilfe legen und deren für uns persönlich fragwürdigen Merkmale. Häufig ist es so, dass Projekte für Menschen der Schwarzen Community angeboten werden, man diese jedoch in der Community nicht wahrnimmt, da die Informationen die Betreffenden nicht erreichen oder nur bruchstückhaft an den entscheidenden Stellen ankommen. Wir als Schwarze sind dann überrascht, wenn solche Projekte angeblich in unserem Sinne durchgeführt werden, in unseren Reihen aber vorher niemand von diesem Event etwas wahrgenommen hat. Unverständlich ist uns zunächst sowieso, wieso solche Projekte in den häufigsten Fällen von solchen weißen Menschen initiiert werden, denen der persönliche Zugang zu den Communities fehlt. Häufig wird der Weg in die Community vorher über eine gut bezahlte Schwarze Vermittlungsperson geebnet, die dann den Kontakt zu den Betroffenen herstellt.

An diesem Punkt stellt sich uns meist die Frage, woher das Interesse von communityfremden Menschen rührt, einer bestimmten Gruppe oder Gemeinschaft unbedingt helfen zu wollen? Ist es eine Art Helfersyndrom? Sieht man sich als „Retter“ und moralisch höherstehendes Wesen? Will man eventuelle aus einem Schuldgefühl heraus, früheres Fehlverhalten wieder gutmachen?

 

Dies sind durchaus relevante Fragen, die zu fragen sich nicht jeder traut, da dies als politisch nicht korrekt angesehen wird. Doch Tabus sind unnötig. Hilfe darf nie instrumentalisiert werden, sondern darf nur dazu dienen, wozu sie nötig ist: Um zu helfen.

 

Wer also sind die Menschen, die sich auf diese Stellen beispielsweise bei NGOs bewerben und diese Projekte ausführen? Als problematisch erachten wir nicht unbedingt die Tatsache, dass diese Menschen weißsind, sondern viel mehr die fehlende Präsenz ausgebildeter SchwarzerMenschen, welche diese Posten bei gleicher Qualifikation durchaus ebenfalls ausfüllen könnten – und vor allem auch sollten. Die fehlende Kooperation mit der genannten Gruppe erachten wir deshalb als fragwürdig. Wenn in einem Scheinhilfeprojekt Schwarze Menschen mitarbeiten, ist es interessant zu beobachten, welche Funktionen sie ausführen und wofür sie bezahlt – oder nicht bezahlt – werden.

Was sind die Motive dieser Unterstützungsprojekte? Von wem werden sie geleitet? Was passiert mit den Geldern? Und am wichtigsten: Wer profitiert wirklich davon? Wem nützt es? Cui bono? (lat.: wem zum Vorteil)

 

Fazit: Schwarze Organisationen sehen sich so immer in ein Abhängigkeitsverhältnis gedrängt, da durch die oben genannten Strukturen Projekte nur mittels Spenden des weißen Teiles der Bevölkerung umgesetzt werden (können). Somit erscheinen weiße Menschen immer in Rolle des Retters, ob gewollt oder nicht. Für das Schwarze Selbstbewusstsein nach dem offiziellen Ende der Kolonialzeit ist das eher ein „Bärendienst“. Gut gemeint ist eben nicht immer gut gemacht. „Hier werden Sie geholfen!“ kann man da nur noch sarkastisch seufzen. Der Zynismus kommt dann später…

 

 

Noomi

und   Lysania ( Spokenword artist)

Die Gelegenheit

Jeder hat die Macht, die Welt zu verändern. Es ist zu spät, um pessimistisch zu sein. Jetzt ist es an der Zeit, zu handeln, denn Handeln macht Glücklich.

                                                                                                      Zitat: Jane Goodall

Viele Menschen, die ich kennengelernt habe, denken, dass man nichts in der Gesellschaft, in der man lebt. verändern kann. Man sitzt am kürzeren Hebel, man ist kein Politiker oder Millionär. Stattdessen wälzt man sich in seiner eigenen Unzufriedenheit und behält diese nicht für sich, sondern steckt andere in sozialen Netzwerken damit an. Man nörgelt lieber fast jeden Tag darüber, wie hart es doch   als dunkelhäutiger Mensch sei, in Deutschland zu leben. Man klagt darüber, dass es in Deutschland keinen dunkelhäutigen Polizisten, kaum dunkelhäutige Besitzer von Läden oder Restaurants gibt, ganz zu schweigen davon, dass diese in den Medien nicht repräsentiert werden. Es wird auch darüber geklagt, dass man oft rassistisch angefeindet wird. Diese Tatsachen stimmen zum Teil. Dennoch ist es wichtig zu wissen, dass wir nicht verantwortlich für diese Gegebenheiten sind. Wir haben es uns nicht ausgesucht, Schwarz zu sein. Wir sind auch meist nicht dafür verantwortlich, in welcher Form sich andere Menschen uns gegenüber verhalten.

 

Wir sollten jedoch aufhören, uns nur andauernd über alles und jeden zu beschweren.. Die negative Bewertung der Geschehnisse ist meiner Meinung nach der Ausdruck von unerfüllten Bedürfnissen. Es raubt unnötig Kraft und Energie, daher kann ich nur dazu raten, loszulassen und sich auf das Wesentliche zu konzentrieren, nämlich daran mitzuarbeiten, wie wir unsere heutige und zukünftige Gesellschaft sehen wollen. Soziale Netzwerke sind ein tolles Tool, nur sollten wir uns nicht ausschließlich in der virtuellen Welt bewegen, sondern auch verstärkt zwischenmenschliche Beziehungen in der wirklichen Welt hegen und pflegen, denn darin leben wir. In den Austausch mit anderen treten und über die eigene und gemeinsame Unzufriedenheit ernsthaft sprechen und dann eventuell gemeinsam in einer Gruppe eine Lösung zu dem Problem suchen, evtl. auch auf politischer Ebene – das ist wichtig.

Jeder sollte für sich jede Gelegenheit suchen oder nutzen, antirassistische Projekte zu konzipieren. Es ist nämlich oft so, dass es diverse Einrichtungen gibt, die sich als linksorientiert, weltoffen und interkulturell positionieren und vorgeben, antirassistische Projekte zu konzipieren. Dafür erhalten sie auch finanzielle Unterstützung vom Land oder vom Bund. Sie handeln aber oftmals nicht wirklich im Sinne der rassifizierten  Menschen. Diese werden nicht in die Projekte einbezogen oder bekommen aus dem großen finanziellen Topf nur eine ganz kleine Summe. Wenn man sich die Sache anschaut, sehe ich dabei zwei Hauptprobleme: Erstens tun wieder nur Weiße etwas („für die armen, hilflosen Schwarzen“). Das wirkt dann so, als würden Weiße nur helfen, um ihr schlechtes Gewissen zu beruhigen und um sich gut zu fühlen. Das zweite Problem ist gewichtiger: Indem sich nur „die Weißen“ ( die Aufnahmegesellschaft) helfend einbringen, sind „die Schwarzen“ weiterhin auf das Wohlwollen anderer angewiesen (wenn auch meist unbewusst) und bestätigen durch ihre eigene Aktionslosigkeit dann die vorhandenen Vorurteile von Rassisten, die behaupten, Schwarze seien dumm, faul und kriminell und würden die Aufnahmegesellschaft nur ausnutzen, falls sie Migranten seien.

Deshalb rate ich dazu, dort zu handeln, wo andere klagen. Rafft Euch auf! Zeigt, dass diese Vorurteile nicht zutreffen! Und straft die Kritiker so Lügen!

In Widmung an Dr. SEA : http://www.un.org/en/events/africandescentdecade/

Noomi