Hintergrund
Die wachsende kulturelle Vielfalt ist einerseits eine gesellschaftliche und politische Herausforderung für Deutschland, andererseits stellt sie eine Chance dar, Menschen, die nicht Deutsch aussehen, Raum zu geben. Damit ist gemeint: Die Herausforderungen Deutscher, die nicht-deutsche Wurzeln haben, darzustellen, um das Miteinander angenehm zu gestalten. Ein Bewusstsein dafür zu schaffen, das eine Gesellschaft aus Vielfalt besteht. Das in Deutschland überwiegend Menschen leben, deren Vorfahren Großteils nur aus der Türkei oder Polen stammen, gehört längst der Vergangenheit an.
Im Jahr 2015 besuchten ein Freund und ich die Show “Singen können die alle, vom Neger zum Maximalpigmentierten“ des Kabarettisten Marius Jung. Es war für mich ein erstaunliches Bild, einen schwarzen Mann auf der Bühne zu sehen, der in Deutschland Comedy macht. Abgesehen davon gibt es zwar bereits zwei oder drei Stand up-Komödianten, die dunkelhäutig sind, aber oftmals geht es dabei lediglich um die Herausforderungen, vor denen die dunkelhäutigen Menschen auf Grund mangelnder Deutschkenntnisse stehen. Marius Jung wiederum geht es darum, seinen Zuschauer humorvoll ein Bewusstsein dafür zu verschaffen, wie es sich als „maximalpigementierter“ Mensch in Deutschland lebt. Und darum, wie verschiedene Arten von Menschen mittels eines Lachens zueinander kommen. Nach der Show durfte ich nach vorheriger Anfrage ein Interview mit Marius Jung führen, was sich daraus ergab, möchte ich euch gerne vorstellen.
Sally: Hallo Marius, ich freue mich, dass ich mit dir ein Interview führen darf, und du dir Zeit dafür genommen hast. Ich schreibe ehrenamtlich für das Magazin Africa Positive und mir ist es wichtig zu zeigen, dass man unsere Pigmentierung nicht nur mit Negativem assoziieren darf.
Was hat dich dazu motiviert, das Buch zu schreiben?
Marius Jung: Nachdem ich auf der Bühne immer wieder meine Hautfarbe zum Thema gemacht habe, war es für mich ein logischer Schritt auch ein satirisches Buch zu dem Thema zu verfassen. Das Buch ist quasi eine Reise zu mir selbst. ich möchte anderen Menschen einen Einblick geben, wie ich es erlebe als Schwarzer in Deutschland zu leben.
Noomi: Was hast du für Erfahrungen gemacht seit der Veröffentlichung deines ersten Buches “Handbuch für Negerfreunde“?
Marius Jung: Spannende Erfahrungen durfte ich machen. Es gab verschiedene Reaktionen auf mein Buch. Interessant fand ich, dass ich ausschließlich von Menschen als Rassist kritisiert worden bin, die mein Buch nicht einmal gelesen haben. Wichtig war es mir, Menschen nicht einfach mit Kritik zu begegnen, sondern über Humor auf den Rassismus aufmerksam zu machen. Lachen öffnet die Menschen.
Noomi : Wie lange, glaubst du, dauert es, das dunkelhäutige Menschen in Deutschland öfters mal Rollen spielen dürfen, die nicht klischeehaft (Putzkraft, Gangster, der deutschen Sprache allgemein nicht mächtige Ausländer) besetzt sind?
Marius: Das kann ich so nicht sagen. Nur aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass es auch weiterhin die gleichen Rollen sind die ich angeboten bekomme. Ich darf Musiker und Kleinkriminelle spielen. Filmschaffende und Redaktionen müssen von ihrer klischeehaften Sicht auf Rollenbesetzungen weg. Solange in Produktion behauptet wird Zuschauer fänden es unglaubwürdig einen dunkelhäutigen Arzt zu sehen, sehe ich schwarz. In meinen Programmen kann ich spielen, wen ich möchte.
Noomi: Viele Dunkelhäutige in meinen Umkreis sagen, weil ich Schwarz bin, habe ich in Deutschland keine Chance. Siehst du es auch so?
Marius: Es ist gerade in der heutigen Situation schwierig als schwarzer Mensch in Deutschland. Zwei Punkte halte ich für wichtig. Wir dürfen uns nicht in die Opferrolle drängen lassen. Und anstatt zu jammern sollten wir an unserem Selbstwertgefühl arbeiten, damit wir uns stark fühlen. Es lohnt sich.
Noomi: Danke, dass du dir Zeit für das Interview genommen hast.
Info zur Verfasserin: Sally N. ehrenamtliche Autorin unter anderem auch für das Magazin Africa Positive