An einem Nachmittag war ich auf dem Weg zu einer guten Freundin und nahm den Aufzug zur U-Bahn-Haltestelle. Ich stieg mit zwei älteren Menschen ein. Als die Fahrstuhltür sich schloss, wandte sich die ältere Dame zu mir und sagte: „Geh nach Hause.“ Ich antworte: „Ich komme von zu Hause.“ Sie erwiderte: „Was hast du schon zum Aufbau vom jetzigen Deutschland beitragen? Ich gehörte damals zu den Trümmerfrauen, und wir haben Deutschland wiederaufgebaut.“ Ich entgegnete darauf nichts. Der ältere Mann, der neben ihr stand, verfolgte das Gespräch schweigend. Dann öffnete sich die Fahrstuhltür, und wir stiegen alle Drei aus.
Tage vergingen, das Ereignis im Fahrstuhl hatte ich aber nicht vergessen. Ich sprach mit Freunden und Bekannten darüber, auch sie machten in letzter Zeit ähnliche Erfahrungen: Mit Rassismus. An dem Punkt stellte sich mir die Frage, wie ich in direkten Konfrontationen bezüglich meiner Hautfarbe umgehe. Dazu kam mir das Seminar „Argumentationstraining gegen Stammtischparolen“ mit Manuela Ritz gerade recht. Letztendlich habe ich folgendes aus dem Seminar mitgenommen: Bei Menschen, die eine Antihaltung gegenüber Personen, die nicht „deutsch aussehen“, haben kann ich nicht wirklich etwas gegen deren Weltanschauung tun, wenn sie nicht selbst dazu bereit sind, ihren Blickwinkel ändern zu wollen. Doch die, die sich auf einen konstruktiven Austausch einlassen, mit denen werde ich gern in einen Dialog treten, ungeachtet aller Differenzen. Wieso dies? Nun, kaum ein Land verfügt heutzutage noch über eine wirklich homogene, ethnisch in sich abgeschlossene Bevölkerung, da im Laufe der langen Menschheitsgeschichte bereits permanente Wanderungsbewegungen stattfanden, sei es wegen Kriegen, Verfolgung, Naturkatastrophen, wegen der Suche nach Arbeit oder der Hoffnung auf ein besseres Leben. Nicht zu vergessen sind auch persönliche Bindungen, die aufgrund von Liebesbeziehungen entstanden. Manch eine Kultur, weist zugegebenermaßen noch wenig Zuwanderung auf, die Gründe mögen vielfältig und auch in naturgegebenen Umständen zu suchen sein (etwa bei in abgelegenen, vielleicht auch in kulturellen und religiösen Voreingenommenheit bzw. Segregation (Japan scheint unter anderem wegen seiner Insellage zu dieser Kategorie zu gehören). Doch Länder wie beispielsweise die USA würden ohne Ausländer heutzutage überhaupt nicht existieren, da dort vorher ausschließlich indigene Indianervölker lebten. Die wichtigste Erkenntnis der sich ein Jeder von uns stellen muss, lautet: Sobald man – aus welchen Gründen auch immer – auch nur einen Fuß über eine Staatsgrenze setzt (Urlaub!), wird dann selbst zum Ausländer.
Noomi